Der Entwurf für einen neuen Vertrag stößt in der Politik auf scharfe Kritik. Die Stadt soll einen Baukostenzuschuss von 1,2 Millionen Euro zahlen.
Arthur Christiansen kann sich auf eine heftige Debatte gefasst machen, wenn es in der Sondersitzung der Ratsversammlung am kommenden Dienstagabend um die Interims-Theaterspielstätte Slesvighus geht. Denn die Vorlage zur Vertragsverlängerung mit dem dänischen Kulturverein SSF, die der Bürgermeister den Politikern zur Abstimmung präsentiert, hat es wahrlich in sich. Knackpunkt ist vor allem ein „Baukostenzuschuss“ von 1,2 Millionen Euro, den die Stadt unabhängig von der Vertragslaufzeit an den SSF überweisen soll, damit dieser seine Räumlichkeiten im Slesvighus ausbauen kann. „Wie diese 1,2 Millionen zustande kommen, wird uns der Bürgermeister erklären müssen“, meint selbst der dem SSF nun nicht gerade abgeneigte SSW-Ratsherr Harry Heide.
Inklusive Miete würde es 1,635 Millionen Euro kosten, wenn der Vertrag – wie von Christiansen gewünscht – bis zum Jahr 2022 verlängert würde. Sollte das Slesvighus gar bis zur Spielzeit 2027/28 angemietet werden, stiege der Betrag auf 1,845 Millionen Euro. Christiansen hat zwar eine Ausstiegsklausel ausgehandelt. Doch für den Fall, dass das Landestheater vorzeitig das Slesvighus verlässt, hätte Schleswig als Kompensation 50 Prozent des Mietpreises zu berappen.
„Das ist ein Stück aus dem Tollhaus“, wettert Grünen-Fraktionschef Thaysen. „Meine Fraktion wird dem Vertrag nicht zustimmen.“ Das will auch die CDU nicht. „Der uns vom Bürgermeister vorgelegte Vorschlag ist inakzeptabel“, sagt Fraktionschef Holger Ley. Ebenso deutlich fallen die Statements der Einzelkämpfer in der Ratsversammlung aus. „Das ist doch Wahnsinn“, sagt Arne Olaf Jöhnk (Freie Wähler für Schleswig), der auf die klammen Kassen der Stadt verweist. „Das geht so nicht“, findet auch Jürgen Wenzel (FDP). „Es muss nachverhandelt werden“, fordert er. Und Ingo Harder (Bündnis für Bürger) bekräftigt: „Wir können es uns nicht leisten, dass 1,2 Millionen Euro einfach so rausgepulvert werden.“
Unklar ist, wie die SPD-Ratsmitglieder abstimmen werden. Zwar spricht auch Fraktionschef Stephan Dose von einer „hohen Hürde“, die nur schwer zu nehmen sei. Doch gleichzeitig gibt er zu bedenken, „dass eine Ablehnung der weiteren Anmietung sehr gravierende negative Folgen haben kann. Das kann sowohl das Aus für das gesamte Schleswig-Holsteinische Landestheater bedeuten und in der Folge mit erheblichen Regressforderungen an die Stadt Schleswig verbunden sein“. Schließlich sei man vertraglich verpflichtet, bis 2019 eine Spielstätte für die Landestheater GmbH vorzuhalten, erklärt Dose.
Auf Unverständnis stoßen nicht nur die Kosten. Auch die angepeilte Vertragslaufzeit von mindestens sechs Jahren bereitet den Ratsmitgliedern Bauchschmerzen. Schließlich wollen die Stadtwerke zeitnah das Veranstaltungsgebäude „Heimat“ auf der Freiheit für eine Million Euro kaufen und zu einem Kulturzentrum ausbauen, das in der Zukunft auch als Bühne für das Landestheater dienen soll. Doch anders als Stadtwerke-Chef Wolfgang Schoofs, der den notwendigen Bühnenausbau am bestehenden Gebäude auch ohne Baugenehmigung für möglich hält, weist Bürgermeister Christiansen auf planungsrechtliche Probleme für die Immobilie im Außenbereich der Stadt hin. Erst müssten ein Flächennutzungs- und ein Bebauungsplan her, betont er.
Manch ein Politiker hält diese Argumentation für vorgeschoben. „Uns drängt sich der Verdacht auf, dass der Bürgermeister sehr frühzeitig und ohne Not dem SSF mit seinen umfangreichen Forderungen entgegengekommen ist“, sagt etwa der Grüne Johannes Thaysen. „Das entbehrt jeder Grundlage“, kontert Arthur Christiansen. Zugleich weist er darauf hin, dass die Verwaltung von der Politik das Mandat erhalten habe, mit dem SSF über eine bis zu zwölfjährige Anmietung zu verhandeln – mit einem Kostenrahmen von maximal 2,1 Millionen Euro. „Der derzeitige Verhandlungsstand bleibt unterhalb dieser Grenze“, so Christiansen.
Sollte die Ratsversammlung die Beschlussvorlage ablehnen, wird es wohl keine neuen Verhandlungen mit dem Sydslesvigsk Forening (SSF) geben. „Dann war’s das, und wir werden den Saal zu 100 Prozent für die dänischen Vereine nutzen“, kündigt SSF-Generalsekretär Jens A. Christiansen an. Er weist darauf hin, dass es die Stadt gewesen sei, die an seine Tür geklopft habe. Und wenn das Landestheater weiter den Saal nutzen wolle, müsse er die Räume im ersten und zweiten Stock eben so umbauen, dass die dänischen Vereine dort ihren Platz finden.
Sein Namensvetter Arthur Christiansen befürchtet, dass Schleswig dem Landestheater ab der Spielzeit 2017/18 keine Bühne mehr vorhalten könnte, sollte die Vertragsverhandlung mit dem SSF platzen. „Damit wäre Schleswig kein Theaterstandort mehr. Die daraus entstehenden rechtlichen Konsequenzen für die Stadt wären abzuwarten.“
Interessierte Bürger können die Ratsdebatte am Dienstag ab 19 Uhr im Ständesaal verfolgen. Ursprünglich wollte die Stadtverwaltung das Thema unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandeln. Die SN-Recherchen und eine E-Mail von Holger Ley haben die Verantwortlichen im Rathaus dann aber zum Umdenken bewegt.
Schleswiger Nachrichten | Alf Clasen
erstellt am 04.Dez.2015
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